Interview: Die Sparkasse Darmstadt über die Abschaffung des Bargelds (Teil 1)

Banken sind ein wichtiger Akteur in unserem Wirtschaftssystem uns insbesondere dann, wenn die Abschaffung des Bargelds diskutiert wird. Wir (Darius Trump und Tilman Allar) haben Dirk Aldenhoff, Mitarbeiter im Vorstandssekretariat  der Sparkasse Darmstadt zum Thema „Der Anfang vom Ende des Bargelds?“ interviewt. Im Folgenden lesen Sie Teil 1 von 2 des Interviews.

Tilman Allar: Zu Beginn eine einleitende Frage: Befürworten Sie generell die Abschaffung des Bargelds?

Dirk Aldenhoff, Sparkasse Darmstadt: Ich befürworte die Abschaffung nicht generell.

Tilman Allar:  Und wieso lehnen Sie diese Vision ab?

Dirk Aldenhoff: Geld an sich ist ja eine Tauschwährung. Ob das jetzt bar oder unbar (Anmerkung der Redaktion: unbar meint den bargeldlosen Zahlungsverkehr) ist, ist zunächst nicht von Belang. Stellen Sie sich vor, es gäbe ausschließlich die Möglichkeit unbar zu zahlen. Und dann stellen Sie sich vor dieses bargeldlose Zahlsystem bricht aus irgendeinem Grund zusammen.  Ein redundantes Zahlungsmittel wäre nicht verkehrt, sodass man etwas hat, auf das man sich verlassen kann. Damit man nicht eine Kuh gegen ein Rad tauschen müsste, das Rad dann gegen einen Hammer und den Hammer gegen einen Liter Milch…  und so weiter, um das zu bekommen, was man will oder tatsächlich braucht.

Andererseits erleichtert bargeldloser Zahlungsverkehr den Handel ganz entscheidend:  Die Zeiten, in denen Bargeld beispielsweise zum Bezahlung einer Rechnung körperlich von einem Boten über weitere Strecken transportiert werden mussten, sind glücklicherweise lange vorbei. Das geht mit dem bargeldlosen Zahlungsverkehr deutlich schneller und sicherer.

Bezahlen mit Bargeld ist, im Gegensatz zum bargeldlosen Zahlungsverkehr, meist anonym möglich. Das heißt, der unbar-Verkehr hat zwei Seiten: Schnell, zuverlässig, aber eben nicht generell anonym. Das hat auch wieder Vorteile wie die Nachverfolgbarkeit von Zahlungen, kann aber auch nachteilig sein, wenn beispielsweise Informationen über Zahlungsgewohnheiten für gezielte Produktwerbung weiterverwendet werden. Seriöse Zahlungsverkehrsanbieter machen so etwas allerdings grundsätzlich nicht.

Tilman Allar: Sehen Sie auch Chancen in einer Abschaffung des Bargelds?

Dirk Aldenhoff: Der unbar-Verkehr ist in aller Regel schneller und oft auch bequemer. Wenn ich beispielsweise in einem Geschäft bezahle, ist es für mich bezüglich der Geschwindigkeit egal, ob ich dies mit Geldkarte oder Bargeld erledige. Für den Geschäftsinhaber ist das nicht ganz so, da dieser schneller das eingenommene Geld auf sein Konto bekommt, wenn ich unbar zahle. Bargeld nimmt er in seine Kasse und muss es dann abends oder am kommenden Tag zur Sparkasse bringen und einzahlen. Das kann zu einem Zinsnachteil führen, da das Geld später auf dem Konto eingeht. Bei den momentanen Zinsen müsste die Summe jedoch schon groß sein, um einen spürbaren Verlust zu generieren.

Zudem ist Bargeld auch teuer: Sie müssen jemanden haben, der das Bargeld zählt, dann vielleicht noch jemand, der es körperlich transportiert. Man muss es versichern, absichern und aufpassen, dass es nicht gestohlen oder geraubt wird…, das heißt es ist ein riesiger Aufwand. Bei unbarem Verkehr ist es zwar auch üblich, dass man es absichert, aber es ist doch in der Regel insgesamt weniger aufwändig und dadurch deutlich günstiger.

Darius Trump: Und wie würden Sie die Akzeptanz in der Gesellschaft bewerten?

Dirk Aldenhoff: Sie sind selbst Konsument. Sind Sie mit viel Bargeld unterwegs?

Darius Trump: Ja (lacht).

Dirk Aldenhoff: Ja, also etwas konservativer. Und Sie (Tilman Allar)?

Tilman Allar: Ich habe auch Bargeld immer dabei, sage ich mal, aber ich zahle auch gerne per Karte, so ist es nicht.

Dirk Aldenhoff: Und die Systeme werden immer ausgefeilte. Wir haben z. B. mit „Kwitt“ ein System, mit dem man sich gegenseitig auch sehr geringe Beträge zuschicken kann. Das ist dann so, dass man beispielsweise sagt: „Du schuldest mir noch 60 Cent“ und mit einem sehr kurzen Befehl über eine App kann die Forderung vom Schuldner zu Gunsten des Gläubigers beglichen werden.

Wir unterstützen die Weiterentwicklung durchaus, denn auch für uns als Bank ist an dem unbaren Zahlungsverkehr viel Gutes dran. Wir bieten auch die Systeme an, aber Bargeld so ganz abschaffen – ich glaube da nicht dran und es gibt, wie bereits angeführt, Argumente, die gegen eine generelle Abschaffung von Bargeld sprechen. (Fortsetzung des Interviews unterhalb des Bildes)


Dirk Aldenhoff, Bildquelle: Sparkasse Darmstadt

Darius Trump: Wer wären die Profiteure einer Abschaffung des Bargelds?

Dirk Aldenhoff: Klar, die Anbieter von alternativen Zahlungssystemen. Zum Beispiel PayPal hat ein Interesse daran. Die Interessen können jedoch verschieden sein. Es gibt Systeme, die möchten einfach Gebühren dafür nehmen, und bei anderen zahlen Sie mit Ihren Informationen. Und das ist natürlich eine Sache, wo es sehr spannend wird: Wenn Sie Spuren hinterlassen, die Informationen über Sie als Verbraucher oder Verbrauchergruppe anreichern lassen. Diese Infos können genutzt werden, es gibt ja Interessentengruppen, die das alles nutzen möchten. Viele nutzen Zahlungssysteme auch einfach, um Informationen zu beschaffen. Zum Beispiel die Cashback-Karten (z.B. Payback), das sind oft nichts anderes als Instrumente zum Sammeln von Informationen. Und das ist sicher zweischneidig. Handeln mit Informationen ist ein lukratives Geschäft, denn wo Informationen sind, da können diese auch weiter verwirtschaftet werden, das ist ganz klar. Das ist nicht ehrenrührig, aber man sollte es als Verbraucher wissen. Wer Informationen hat, der führt und der kann auch verführen. Beispielsweise mit gezielten Kaufangeboten…

Profiteur wären auch Händler und Banken und Sparkassen, wie bereits beschrieben.

Tilman Allar: Und abgesehen von den Konzernen, die diese Zahlungssysteme anbieten, was würde z.B. der Staat hier für eine Rolle spielen?

Dirk Aldenhoff: Das ist eine gute Frage (lacht). Wir leben in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Stark verkürzt ausgedrückt, der Staat organisiert das Umfeld des Lebens.

Aber es gibt auch Staaten, die versuchen alles zu kontrollieren, und das teilweise auf einem technisch sehr hohen Niveau. Das heißt, eine staatliche Organisation kann gegebenenfalls auch Handlungen, Motivationen und sogar die Nachfrage nach Gütern kontrollieren. So gibt es Modelle, die beispielsweise über Algorithmen ableiten, wie die Stimmung im Land ist. Vom Wissen zum Intervenieren ist es dann nur noch ein weiterer Schritt. Auch über das Beobachten von Konsum- und Zahlverhalten von Bürgern. Und da wird’s dann für mein freiheitlich geprägtes Verständnis schwierig.

Ein anderer Aspekt zu Ihrer Frage: Der Staat -egal welcher- möchte seine Steuern bezahlt bekommen. Aber da ist Bargeld /Bargeldvermögen manchmal gar nicht so gerne gesehen, weil Bargeld anonym ist und somit beispielsweise auch versteckt werden kann. Andererseits: Es wird von Staaten noch Geld gedruckt. Fortsetzung des Interviews: Den zweiten Teil des Interviews hier lesen


Bildquelle Symbolbild: Pressefoto via dsgv.de ; Bildquelle Bild Dirk Aldenhoff: via Sparkasse Darmstadt

Darius Trump

Ich wurde schon früh in den Bann der Börse und der Wirtschaftswelt gezogen. Zusammen mit meinem Vater konnte ich meine ersten Börsenerfahrungen bereits mit 13 Jahren machen. Durch die Wahl des PoWi LK konnte ich den Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Politik herstellen.

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