Jens Weidmann, würdest Du dich als einen Verfechter des Bargelds bezeichnen?
Wie steht die Bundesbank zum Thema Abschaffung bzw. Zukunft des Bargelds? Im Rahmen von “Euro20+”, dem Event der Deutschen Bundesbank zum 20.-Jährigen des Euros, diskutierten 200 Teilnehmer mit Jens Weidmann über die Zukunft des Euros und Europa. Ich, Tilman Allar war auch vor Ort und möchte Weidmanns Positionen zum Thema Zukunft des Bargelds noch einmal aufbereiten. “Würdest Du dich als Verfechter des Bargelds bezeichnen?”, fragt eine andere Teilnehmerin etwa. Jens Weidmann wird hier von allen geduzt, das passt hier in das Konzept: Die Bundesbank möchte modern wirken und hat dazu eine alte, umgebaute Fabrikhalle, das “Tatcraft”, im Osten Frankfurt als Eventlocation angemietet. Zurück zum Thema: Wenn man ihn als Bundesbankpräsident fragen würde, dann sei die Antwort ganz klar:
Wir liefern Euch das, was Ihr haben wollt. (Jens Weidmann)
Weidmann fügt erklärend hinzu, dass die Bundesbank in der Thematik Zukunft des Bargelds und des Euros eine komplett “neutrale Position” habe, man wolle den Bürgern das Zahlungsmittel bereitstellen, dass nachgefragt wird.
“Bargeld anonym und kostengünstig”
Weidmann zeigt sich durchaus etwas erstaunt, dass so viele der 200 anwesenden Euro20+-Teilnehmer sich so konkret für das Bargeld aussprechen und selbst damit häufig am liebsten zahlen. Das sei aber durchaus vertretbar, denn insbesondere für kleinere Beträge sei das Bargeld immer noch ein kostengünstiges anonymes Zahlungsmittel. “Und deswegen sorgen wir (die Deutsche Bundesbank) dafür, dass der Bargeldumlauf funktioniert. Zum anderen sorgen wir ja auch dafür, dass das Taget-System, das Rückgrat der Banken funktioniert.”
Das Target-System, nach der Finanzkrise Target2, ist eine länderübergreifende Plattform, über die Transaktionen von einem EU-Staat in einen anderen über die EZB und die jeweiligen nationalen Zentralbanken abgewickelt wird. Mehr dazu hier: Wie funktioniert das Target-System (WirtschaftsWoche)
Weidmann erklärt weiter, dass man den Zahlungsverkehr über das Target-System so bequem und schnell machen wolle, dass der Bürger erst gar kein Interesse daran habe, mit Bitcoin und Co. zu zahlen.
Netzwerkeffekte spielen bei der Verbreitung eine große Rolle
Auf die Frage, wie es in 15 Jahren in puncto Zahlungsmittel in der EU aussehe, antwortet Weidmann dass er sich vorstellen könne, dass bei uns ähnliche Entwicklungen wie in Vorreiter-Ländern wie Schweden geschehen könnten. Dort sei man bereits soweit, dass Netzwerkeffekte des bargeldlosen Zahlens eintreten. Viele Geschäften würden erst gar kein Bargeld mehr akzeptieren. Und das ist durchaus auch ein Bestandteil des Wertes einer Währung: zu wissen, dass man mit der Währung/ dem Zahlungsmittel auch bezahlen kann.
“In Deutschland beobachten wir aktuell einen leichten Bedeutungsverlust (des Bargelds) der aber kontinuierlich stattfindet.”, so Weidmann. Dazu haben wir bereits berichtet, mehr dazu hier. Wenn aber dann die Netzwerkeffekte greifen, wie etwa in Schweden, beobachte man dort einen rapiden Bedeutungsverlust des Bargelds.
“Letztlich könnte die Einführung digitalen Notenbankgelds ganz gravierende Auswirkungen auf unser Finanzsystem haben.”, sagt der Bundesbankpräsident. Würde man überhaupt noch Konten bei Geschäftsbanken eröffnen, wenn man auch eins bei der Notenbank haben könnte? – Vermutlich nein, denn die Zentralbank “kann nicht pleite gehen”.
Quellen für Informationen, Statistiken und Bilder:
- Euro20+-Event der Deutschen Bundesbank am 25.01-26.01.2019
- Aufzeichnung des Townhall-Meetings: https://www.youtube.com/watch?v=_Dr7Jp4LdUc
- https://www.wiwo.de/politik/europa/euro-krise-wie-funktioniert-das-target-system/6277238-3.html
- Bilder: Deutsche Bundesbank Pressearchiv bei flickr: https://www.flickr.com/photos/bundesbank/